Ein Leitfaden zur Stressbewältigung für Softwareentwickler

Während die körperlichen Risiken von Covid-19 hoffentlich mit Impfstoffen besser in den Griff zu bekommen sind, warnen die Experten: Wir werden wahrscheinlich immer noch mit den Auswirkungen der Pandemie auf unsere psychische Gesundheit zu kämpfen haben. Im Interview mit Anna Cyrańska, Anna Schattovits und Urszula Mojska, Koordinatorinnen des intive-Programms "Less Stress!", sprechen wir über die Bedeutung des psychischen Wohlbefindens und verraten die besten Tipps zur Vorbeugung und zum Abbau von Stress in der Pandemie.

Die IT-Branche verändert sich rasant. Bei all dem, was zusätzlich in der Welt passiert – ist das ein zusätzlicher Stressfaktor für die Mitarbeiter von intive?

U.M.: Das hohe Veränderungstempo ist ein fester Bestandteil der IT-Branche. Ich denke, dass die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, bereits daran gewöhnt sind und die Dynamik an sich keinen Stressfaktor für sie darstellt. Die Verbindung mit der aktuellen Pandemie-Situation könnte eine solch dynamische Arbeitsumgebung jedoch den Stress erhöhen.

A.C.: Wir sollten jetzt mehr auf uns selbst und unsere Kollegen achten: Wie gehe ich mit den alltäglichen Problemen um? Übersteigt das Arbeitstempo meine Fähigkeiten, es zu bewältigen? Wenn das der Fall ist, dann ist Unterstützung sowohl von der Führungskraft als auch von der Personalabteilung notwendig. Die Führungskraft hat den größten Überblick über die Bedürfnisse des Teams, während die Personalabteilung weiß, wie sie in bestimmten Situationen handeln muss.

A.S.: Auf persönlicher Ebene müssen wir immer bedenken: Die Situation selbst ist nicht stressig, nur unsere Reaktion, unsere Interpretation dieser Bedingungen kann Stress verursachen. Für den einen ist die Schnelllebigkeit der Arbeit und neue Herausforderungen etwas Attraktives, zum Beispiel eine Chance zur Entwicklung. Für einen anderen sind sie mit enormen Ängsten verbunden sein, da sie die Grenze der individuellen Fähigkeit zur Selbstregulierung überschreiten. Deshalb ist es so wichtig, eine mentale Resilienz zu entwickeln, die unser Spektrum an Akzeptanz und Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen, erweitert.

In den letzten Jahren sind Chat-Tools wie Microsoft Teams oder Slack ein wichtiger Bestandteil von Arbeitsprozessen geworden. Wie wirken sich diese neuen Kommunikationsformen auf uns aus?

U.M.: Online-Kommunikationstools ermöglichen es uns, global zu arbeiten, von jedem Ort der Welt aus. Es ist toll, dass wir mit Kollegen aus anderen Ländern kommunizieren und gemeinsam an Projekten arbeiten können – aber es hat seinen Preis. Schriftliche Kommunikation und Online-Gespräche ohne den Einsatz von Kameras helfen uns, Aufgaben zu erledigen, aber auf der anderen Seite verarmen unsere zwischenmenschlichen Beziehungen – sie werden auf bloße Nachrichten reduziert. Und ich glaube fest daran, dass wir bei der Arbeit etwas mehr brauchen – ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft, sogar Akzeptanz.

A.C.: Dem stimme ich zu. Nichts kann die Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ersetzen. Ohne Sicht- und Körperkontakt verlieren wir die Möglichkeit, die Interaktion mit unserem Gegenüber mitzugestalten. Es ist viel einfacher, die Stimmung und die Intention in einem echten Gespräch unter vier Augen zu deuten.

A.S.: Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen: Tools wie Teams oder Slack zwingen uns, ständig aufmerksam zu sein. Benachrichtigungen überfluten unseren Bildschirm, auch wenn wir gerade ein wichtiges Online-Meeting führen. Unser Gehirn reagiert sehr empfindlich auf diese Art von Reizen: Folgebenachrichtigungen regen unser Nervensystem zum Handeln an. Wir mögen keine Ungewissheit. Daher rufen Benachrichtigungen, die uns über eine weitere eingehende Nachricht informieren, einen Zustand der Anspannung hervor. Um diese Spannung abzubauen, öffnen wir jede neue Nachricht so schnell wie möglich, was es uns erschwert, uns zu konzentrieren und uns neue Informationen zu merken.

Welche Art von psychologischer Unterstützung oder Aktivitäten wären für Menschen, die den ganzen Tag vor dem Computer arbeiten, hilfreich?

A.S.: Zunächst einmal Achtsamkeit – der Kontakt mit unserem Körper, das Registrieren, wie er sich anfühlt, ob es darin Stellen voller Spannung und Unbehagen gibt. Wir arbeiten oft so lange in einer Position hinter dem Schreibtisch, dass wir unseren Körper vergessen! Wir ignorieren Hunger, Durst, das Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen.

Das kann zu schweren psychosomatischen Erkrankungen führen. Deshalb sind Bewegung und Atmung sehr wichtig. Wir müssen nicht gleich Yoga machen oder eine Stunde lang laufen gehen. Es genügen ein paar Augenblicke – einfach auf die Atmung zu achten und zu merken, ob wir einen Moment der Entspannung brauchen.

A.C.: Bei intive bieten wir den Mitarbeitern einmal pro Woche Meditationskurse an. Wir haben auch einen Bereich auf Teams mit dem Namen "Stay home and have fun" geschaffen, in dem wir einen Raum haben, der der körperlichen Aktivität gewidmet ist: Unsere Mitarbeiter haben Videos mit Sets von Übungen zur Muskelentspannung im Sitzen, Yoga-Übungen und so weiter vorbereitet. Jedes Jahr veranstalten wir auch einen "Active Spring"-Wettbewerb, bei dem wir uns in Outdoor-Aktivitäten messen. Diese Aktivitäten sind darauf ausgelegt, sowohl den Körper als auch den Geist zu unterstützen.

U.M.: Wir haben für unsere Mitarbeiter auch das Programm "Less Stress!" ins Leben gerufen, um sie mental besser zu unterstützen zu können. Jeder kann mitmachen! Wir veranstalten Coachings, Trainings und Webinare zu Themen wie psychische Belastbarkeit, Burnout usw. Wir haben auch ein Diskussionsforum auf Teams, wo wir Raum geben, über Stress und seine vielen verschiedenen Aspekte zu sprechen. Wir diskutieren über die eigenen Möglichkeiten oder Methoden der Angstbewältigung – wir bieten Vorschläge an, hören aber auch zu – viele der Teilnehmer haben oft richtige gute Ideen.

Fällt dir ein Trick ein, der an einem besonders stressigen Tag helfen könnte? Irgendwelche einfachen Übungen, die helfen können, Stress oder Müdigkeit abzubauen?

A.S.: Die einfachste Technik zur Vorbeugung von Stress ist es, einen Atemrhythmus zu finden, der eine wohltuende und beruhigende Wirkung auf uns hat. Um eine richtige Atmung zu finden, müssen wir das bewusste Atmen regelmäßig üben, nicht nur in Stresssituationen. Fünf Minuten jeden Tag reichen aus. Durch diese Praxis eignen wir uns eine natürliche Fähigkeit, auf eine Weise zu atmen, die uns beruhigt.

Manchmal kann es auch helfen, sich in einer angenehmen Umgebung vorzustellen, um Stress zu bewältigen. Ich stelle mir zum Beispiel oft vor, wie ich bei in einem gemütlichen Raum bei einem warmen Licht am Kamin sitze.

A.C.: Abgesehen von Atemtechniken (die extrem wichtig sind!) kann ich eine kurze Meditationssitzung, Kräutertee, einen kurzen Spaziergang empfehlen – diese Dinge können zu jeder Zeit des Tages helfen, Spannungen abzubauen. Nach der Arbeit empfehle ich Yoga, Massage oder ein paar Minuten auf einer Akupressurmatte. Körperliche Aktivität funktioniert auch gut, um Ihr Wohlbefinden zu verbessern und negative Emotionen zu beruhigen.


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